Jury spricht «Diddy» Combs von den schwersten Vorwürfen frei

Prozess gegen Rapper Combs
© Elizabeth Williams/AP/dpa

Rapper vor Gericht

New York (dpa) - Im Prozess gegen Sean «Diddy» Combs wegen Sexualstraftaten haben die Geschworenen den früheren Rap-Superstar von den schwersten Vorwürfen freigesprochen. In Haft bleibt der 55-Jährige nach einer Entscheidung des Gerichts bis zur Strafmaßverkündung - die möglicherweise im Oktober stattfinden könnte - trotzdem. 

Die zwölf Geschworenen - acht Männer und vier Frauen - in New York hatten Combs zuvor nach mehr als 13-stündigen Beratungen nur bei den schwächeren Anschuldigungen in Zusammenhang mit Prostitution schuldig gesprochen. 

Die Vorwürfe der Verschwörung zur organisierten Kriminalität und des Menschenhandels wies die Jury zurück. Beobachter werteten das Urteil als wohl bestes Resultat für Combs - abgesehen von einem vollständigen Freispruch.

Strafmaß zu einem späteren Zeitpunkt - bis zu 20 Jahre

Dem Rapper und Musikproduzenten droht nun eine Freiheitsstrafe von bis zu 20 Jahren - allerdings nicht mehr lebenslang, wie ihm gedroht hätte, wenn er in allen Anklagepunkten für schuldig befunden worden wäre. Richter Arun Subramanian könnte dabei entscheiden, dass Combs die beiden Schuldsprüche von je bis zu zehn Jahren zeitgleich absitzen darf, was seine Haftstrafe erneut deutlich verkürzen könnte. 

Combs nahm das Urteil im Beisein seiner Mutter und seiner Schwester im Gerichtssaal entgegen. Nach der Verkündung schlug Combs Medienberichten zufolge die Hände zusammen, legte sie dann kurz über sein Gesicht und atmete aus. Dann lächelte er, schüttelte einem seiner Anwälte die Hand, blickte zu seiner Familie, legte dann seine Hände dankend zusammen und bedankte sich leise flüsternd bei den Geschworenen. Später sei er im Saal offenbar betend auf die Knie gegangen, während seine Anwälte sich umarmten.

Der Anwalt der Hauptbelastungszeugin Cassie Ventura würdigte seine Mandantin. Ventura habe «während des gesamten Prozesses beispielhaften Mut bewiesen» und den Weg für zahlreiche Vorwürfe gegen Combs und sein Fehlverhalten geebnet, sagte Doug Wigdor. Derweil hatten sich von dem Gericht in Downtown Manhattan viele Menschen versammelt, die entweder lautstark die Freisprüche feierten oder eine schwere Strafe forderten. Mitunter kam es zwischen ihnen zu lauten Wortgefechten.

Combs hatte auf «nicht schuldig» plädiert

Die New Yorker Staatsanwaltschaft hatte dem Rapper vorgeworfen, über Jahre hinweg Frauen missbraucht, bedroht und genötigt zu haben, seine sexuellen Wünsche zu erfüllen. Er habe ein «kriminelles Unternehmen» mit Helfern geführt. Mehrere Frauen hatten in dem mehrwöchigen Prozess von jahrelangen schweren sexuellen und körperlichen Misshandlungen berichtet. 

Combs hatte alle Vorwürfe zurückgewiesen und auf «nicht schuldig» plädiert. Im Laufe seiner Karriere nutzte Combs unter anderem die Pseudonyme «Puff Daddy», «P. Diddy» und «Diddy». 

Der Anklagepunkt der Verschwörung zur organisierten Kriminalität war ursprünglich für Bandenkriminalität wie jene der Mafia geschaffen worden. Dieser Vorwurf wurde schon bei dem Prozess gegen Sänger R. Kelly erfolgreich eingesetzt, um eine systematische Struktur von sexuellem Missbrauch offenzulegen. 

Dieser Anklagepunkt gegen Combs wog schwer - doch die Staatsanwaltschaft konnte die Juroren nicht überzeugen, dass der Angeklagte seine Handlungen zusammen mit einem Netz Eingeweihter betrieben habe. Das setzt ein Wissen aller Beteiligten voraus, dass das Verhalten strafbar ist.

Intime Sex-Details öffentlich ausgebreitet

Wegen zahlreicher schlüpfriger Aspekte war der Prozess auch ein Clickbait- und Boulevard-Fest. Millionen Amerikaner und Menschen weltweit verfolgten den Prozess in den Medien, die intimen und auch verstörenden Details zu dem Fall wurden Teil des täglichen Klatsches und Tratsches. 

Das Verfahren weckte Erinnerungen an ähnliche Prozesse wegen Sexualstraftaten gegen Ex-Superstars in den vergangenen Jahren - unter anderem gegen den Musiker R. Kelly, den Comedian Bill Cosby oder den Produzenten Harvey Weinstein. Die Vorwürfe gegen Weinstein hatten die weltweite MeToo-Bewegung angestoßen, die allerdings inzwischen schon wieder viel Gegenwind bekommen hat.

Zahlreiche weitere Anschuldigungen gegen Combs

Neben der Anklage der New Yorker Staatsanwaltschaft gibt es auch noch zahlreiche Zivilklagen gegen Combs. Unter anderem vertritt eine Anwaltskanzlei im texanischen Houston eigenen Angaben zufolge rund 120 Menschen mit Vorwürfen gegen den Rapper. 

Der 1969 im New Yorker Stadtteil Harlem geborene Combs gehörte mit Hits wie «I'll Be Missing You» und «Bad Boy For Life» in den vergangenen Jahrzehnten zu den erfolgreichsten Rappern der Welt. 

Der Musiker, der dreimal verheiratet war und sieben Kinder hat, gründete auch ein eigenes Label und war mit einer Modemarke erfolgreich. Unter anderem seine Familie und der Rapper Kanye West hatten im Gerichtssaal ihre Unterstützung für Combs gezeigt.

© dpa-infocom, dpa:250702-930-748491/6
Prozess gegen Rapper Combs
Die Gerichtszeichnung stellt Sean «Diddy» Combs am 1.7. mit seinem Verteidigungsteam dar, wie er zusieht, wie die Geschworenen den Gerichtssaal verlassen. © Elizabeth Williams/AP/dpa
Die Gerichtszeichnung stellt Sean «Diddy» Combs am 1.7. mit seinem Verteidigungsteam dar, wie er zusieht, wie die Geschworenen den Gerichtssaal verlassen.
© Elizabeth Williams/AP/dpa
Prozess gegen Rapper Combs
Im Verfahren gegen den Rapper Sean Combs ist eine Entscheidung gefallen. (Archivbild)© Elizabeth Williams/AP/dpa
Im Verfahren gegen den Rapper Sean Combs ist eine Entscheidung gefallen. (Archivbild)
© Elizabeth Williams/AP/dpa
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Janice Combs, Mutter von Sean "Diddy" Combs, kommt in New York am Gericht an.© Yuki Iwamura/AP/dpa
Janice Combs, Mutter von Sean "Diddy" Combs, kommt in New York am Gericht an.
© Yuki Iwamura/AP/dpa
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Chance Combs (rechts) und Quincy Brown (links), Tochter und Sohn von Sean "Diddy" Combs, kommen in New York am Gericht an.© Yuki Iwamura/AP/dpa
Chance Combs (rechts) und Quincy Brown (links), Tochter und Sohn von Sean "Diddy" Combs, kommen in New York am Gericht an.
© Yuki Iwamura/AP/dpa

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