Hybride Kriegsführung: Das steckt dahinter
Veröffentlicht: Donnerstag, 13.10.2022 16:44
Die mutmaßlichen Anschläge auf die Erdgaspiplines Nord Stream 1 und 2 und das Bahnnetz in Nord-Deutschland haben viele aufgeschreckt. Der Verdacht: Im Hintergrund führe Russlands Präsident Wladimir Putin einen Krieg - einen hybriden - gegen den Westen. Doch was ist das überhaupt? Thorsten Ortmann hat sich mit dem Thema beschäftigt.
Was ist das Ziel einer hybriden Attacke?
Das Ziel ist ganz klar: Uns wirtschaftlich zu schaden und gleichzeitig die Bevölkerung zu verunsichern und zu spalten, so Sicherheitsexperte Carlo Masala. "Das ist alles Teil der russischen Kriegsführung. Um in unseren Gesellschaften die sozialen Spannungen zu erhöhen und damit die Bundesregierung unter Druck zu setzen, die Ukraine nicht mehr so stark zu unterstützen - wie es gerade erfolgt." Das andere Ziel ist, dafür zu sorgen, dass die Bevölkerung die Sanktionen gegen Russland nicht mehr mitträgt und die Bundesregierung sie unter dem Druck zurückfahren muss. Darum warnen Sicherheitsexperten wie Masala vor weiteren Attacken insbesondere auf die rund 1.500 Energieversorger in Deutschland.
Was würde dafür sprechen, dass Russland hinter den Anschlägen auf Pipelines und Bahnnetz steckt?
Im Fall der Pipeline-Explosionen in der Ostsee ist es der enorme Aufwand, den die Täter betrieben haben müssten. Die Pipelines liegen in 80 Metern Tiefe, da bräuchte man ein U-Boot oder erfahrene Marinetaucher, um die großen Mengen an Spezialsprengstoffen anzubringen. Darum ist eine staatlich Beteiligung durchaus wahrscheinlich. Im Fall der Sabotage-Anschläge auf das Bahnnetz hatten die Täter wohl Insiderwissen. Aus Sicherheitskreisen heißt es, es seien in Berlin und in Herne vorsätzlich und gezielt sogenannte Lichtwellenleiterkabel beschädigt worden. Auch das Backup-System sei damit ausgefallen.
Aber: Noch gibt es keinerlei Belege für eine russische Beteiligung. Das ist aber auch meist ein zentraler Bestandteil hybrider Kriegsführung - das man sie nämlich ohne Probleme abstreiten kann. Das hat Russland ja im Fall der Pipeline-Anschläge bereits getan.
Welche weiteren Beispiele für hybride Kriegsführung gibt es?
Jüngstes Beispiel ist natürlich die Drosselung der Gasversorgung durch Russland. In der Vergangenheit hat es aber auch immer wieder Cyber-Attacken aus Russland gegeben. 2015 gab es die größte auf den Server im Bundestag. Seit Beginn des Ukrainekriegs haben diese Attacken im Netz deutlich zugenommen.
Allein seit April 2022 hat es laut "Handelsblatt" mindestens zehn Attacken gegen europäische Energieunternehmen gegeben, darunter sechs deutsche. Auch deutsche Firmen werden zunehmend attackiert. Fast immer stecken russische oder chinesische Gruppierungen dahinter. Und die Sicherheitsbehörden haben zunehmend Schwierigkeiten, zu unterscheiden, ob kriminelle Banden oder staatlich gesteuerte Gruppen dahinter stecken. Zusätzlich zu den Cyber-Attacken auf Firmen und Infrastruktur kommen noch gezielte Desinformationen durch russische Fake-News-Seiten, Trolle behaupten sich in den sozialen Netzwerken immer mehr.
Autor: Thorsten Ortmann