Bundespräsident bei Trauerfeier in Solingen

Auch neun Tage danach fällt es vielen immer noch schwer, Worte zu finden, für den Messeranschlag mit drei Toten auf dem "Festival der Vielfalt" in Solingen. Die Menschen in der Stadt wollen trauern, die Politik will handeln – und heute kommen sie zusammen, bei einer Trauerfeier ab 11 Uhr im Solinger Theater und Konzerthaus. Bundespräsident Frank Walter Steinmeier kommt, auch Bundeskanzler Scholz, der am Montag (26.08.) schon einmal in Solingen war. Im Theater und Konzerthaus von Solingen wollen sie mit Angehörigen, Opfern, Einsatzkräften sowie Bürgerinnen und Bürgern sprechen. Die Sicherheitsvorkehrungen am und im Theater sind entsprechend hoch. Anschließend fährt Steinmeier zum Ort des Messeranschlags am Fronhof und wird dort einen Kranz niederlagen. In der Mittagszeit kann es im Bereich der Solinger Innenstadt daher zu kurzzeitigen Straßensperrungen kommen. 


Die Trauerfeier soll ein Gedenken für die Betroffenen des Anschlags werden und kein politisches oder mediales Schaulaufen. Die Stadt hat überlebende Opfer und Angehörige der Getöteten eingeladen. Man achtet aber sehr drauf, dass die Betroffenen nicht fotografiert werden, es soll auch nicht die üblichen Bilder von ankommenden Limousinen oder ähnlichem geben. Der Ablauf ist so geplant, dass zunächst Oberbürgermeister Kurzbach spricht, nach ihm Bundespräsident Steinmeier und NRW-Ministerpräsident Wüst. Danach folgt dann noch ein geistlicher Abschluss mit der evangelischen Superintendentin Ilka Werner und dem katholischen Stadt-Dechanten Michael Mohr. Bundeskanzler Scholz wird also nur da sein, aber nicht reden und soll es rund um die Trauerfeier auch keine Interviews oder sonstige Statements geben. Die Stadt überträgt die Trauerfeier als Livestream auf ihrer Homepage.

Oberbürgermeister Tim Kurzbach wird den Blick sicher vor allem auf seine Stadt, auf Solingen richten. Man wollte voriges Wochenende endlich mal wieder richtig feiern, alle hatten sich gefreut auf das große Fest zum Stadtgeburtstag, dann der schreckliche Anschlag. Am Rathaus, schräg gegenüber vom Theater, ist die große Beklebung zum 650-jährigen inzwischen komplett entfernt. Auch die Frage „warum wieder Solingen“ ist eine die ihn wie viele andere beschäftigt, sagt Kurzbach. Die Menschen in Solingen, die am Freitagabend still mit Kerzen in den Fenstern getrauert haben, sehen die permanente Politpräsenz zwiegespalten.

Umso mehr wird es für den Bundespräsidenten drauf ankommen, die richtige Balance zu finden zwischen Trauer in Solingen, Wahlsonntag im Osten und den Antworten nicht nur auf das "Warum", sondern auch auf das "Was jetzt". Die Debatten um Migration, Asylververfahren und innere Sicherheit haben sich durch den Anschlag in den vergangenen Tagen massiv beschleunigt hat.

Am 23. August waren auf dem Fronhof beim Fest zum Stadtjubiläum drei Konzert-Besucher mit Messerstichen getötet und acht andere verletzt worden. Tatverdächtig ist ein 26 Jahre alter Syrer. Er sitzt in Untersuchungshaft. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hat den Messeranschlag für sich reklamiert.

© Radio RSG/Thorsten Kabitz

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